Stille, eine Erfahrung die jeder machen kann, die für alle bereit liegt und auf die man sich nur einlassen muss. Stille erfahre ich in den Bergen bei der Fotografie und bin froh darüber, dass ich dies auch schätzen kann wenn ich ganz alleine bin. Sie ist eine Wohltat für mein ganzes Wesen.
Der Begriff Stille wird allgemein als Geräuschlosigkeit und sogar als Bewegungslosigkeit beschrieben. Im Duden wird er auch als “Zustand des Ruhigseins” erläutert. Diese Definitionen sind alle sicherlich richtig … in der Welt der Objekte, der Welt, die wir sehen und durch die wir schreiten! Ich möchte mit Stille jedoch nicht nur einen äußeren Zustand beschreiben, sondern vor allem einen inneren Zustand erreichen, der viel weiter führt als der Begriff des Ruhigseins es erlaubt. Hierzu möchte ich vorweg einen Text zitieren, der aus dem Buch Jetzt! Die Kraft der Gegenwart von Eckhart Tolle, S. 118, stammt.
Aus dem Kapitel “Schönheit erblüht in der Stille deiner Gegenwärtigkeit”
“Hast du jemals die Unendlichkeit des Weltraums in einer klaren Nacht bewundert, tief beeindruckt von der absoluten Stille und der unvorstellbaren Weite? Hast du auf das Geräusch eines Bergflusses im Wald gehorcht, wirklich gehorcht? Oder auf das Lied einer Amsel in der Dämmerung an einem ruhigen Sommerabend? Um auf solche Dinge aufmerksam zu werden, muss der Verstand still sein.”
Der Inhalt des Textes ist kurz gesagt, werde im Inneren still, dann erkennst Du es auch im Außen. Ich finde solche, für mich sehr tiefgehenden, ja fast schon poetischen Wörter, sprechen genau jenen Inhalt aus, zu welchem der Fotograf beim Fotografieren in der Natur fähig ist. Einen Zustand von Stille, innerer Stille zu erreichen. Eine Form von No-Mind und berührender Gegenwärtigkeit (nach E. Tolle). Stille ist wie ein unsichtbares Leuchten, wie ein Licht, dass zwar nicht gesehen werden kann, dass Dich aber trotzdem berührt und verändert. Stille ist der Ausdruck von Schönheit und Schönheit erzeugt Stille.
Fjodor M. Dostojewski
Den tieferen Sinn von Stille versuche ich in allen meiner Foto-Seminare einzubauen. Durch einfache Meditationen, durch Bewegung und durch das bewusste Sehen. So erkläre ich diesen Zustand zum Beispiel auch im Fotothema Spiegelbilder. Stille ist universell. Sie ist ein passives Beispiel für aktive Regeneration, die überall in der Natur existiert. Farben, Tiere, Pflanzen, Jahreszeiten, klimatische Ereignisse, ja sogar Geräusche und Bewegungen der Natur besitzen eine zuweilen sehr berührende Stille in sich, die sich auf uns überträgt. Was ist dann Stille wirklich? Stille ist ein Ausdruck von Harmonie, von Schönheit und Leben. Stille ist dazu da, dass wir uns gut fühlen, erneuern und uns selbst erkennen. Nur wer ruhig sein kann, kann die Dinge im Außen tatsächlich wahrnehmen, genau erkennen und auch ohne Widerstand handeln. Stille ist die aufrichtige Wertschätzung gegenüber dem Leben.
Mit innerer Stille öffnet man sich den Möglichkeiten, die einem das Leben bietet. Sie lässt die Angst nicht zu, im Gegenteil, sie löst sie auf. Wer meditiert, weiß wovon ich spreche. Stille erlaubt es Dir Gegenwärtigkeit zu erfahren, ins Jetzt zu kommen und Dich voll und ganz auf die wundervolle Natur der Berge und auf Dich selbst an diesem Ort zu konzentrieren. Es ist eine unglaublich tiefgehende und gefühlsvolle Erfahrung, wenn man an besonderen Orten der Natur wirklich Still wird. Stille heilt deine inneren Narben.
Laotse
Das permanente Bewerten des Verstandes in gut und schlecht, hoch und tief, angenehm und unangenehm usw. ist es was die Stille verhindert. Wir alle kennen diese Stimmen in unserem Kopf. Aufgrund dieses Lärms, der eigentlich zu nichts nutzt, haben wir verlernt darauf zu achten, was gerade jetzt in uns passiert, weil wir keine innere Stille erreichen. Getrieben durch Arbeit, Sorgen und Stress, geplagt durch Krankheit und Zukunftsängsten. Ich weiß wovon ich hier spreche. Still zu werden ist bei solchen Dingen, die auf einen Einprallen schwer, aber wenn man sie erst mal erreicht hat ist sie doch so einfach und vertraut.
Nutzen wir daher die Vorteile, die uns die Bühne der Natur bietet. Lassen wir uns von dem überraschen, was in den Bergen passiert. Achten wir darauf wie sich das Licht verändert, die Temperaturen schwanken, die Wolken ziehen und sich die Geräusche den Tageszeiten anpassen. Werden sie selbst zur Natur und hören sie auf zu bewerten, zu urteilen und zu denken. Erleben Sie Stille als inneren Seinszustand.
Kommen sie gemeinsam mit mir zu wunderbaren Orten, beobachten Sie die Natur, indem sie Fühlen, Riechen, Sehen und Spüren. Begleitet von einfachen Meditationen erreichen sie ein unglaublich wohltuendes und freies Gefühl, dass sie direkt mit dem Erlebnis auf dem Berg verbindet. Und mit diesem inneren Gefühl fotografieren sie, ohne Druck und Zwang, einfach aus Freude am Sein aller Dinge. Sie werden sehen, es ist unbeschreiblich!!
Dr. Günter Zöhrer