Eine etwas andere Definition
Diese Frage ist aus Sicht des Menschen mit seinen unterschiedlichen Merkmalen interessant zu beantworten. Die individuelle Betrachtungsweise der Fotografie mag einerseits vom Genre abhängen, andererseits aber ist sie in direktem Maße mit dem Fotografen selbst, seinem Charakter, seinem Denken und seiner Art zu fühlen verbunden. Das Wesen eines Menschen ist dafür verantwortlich, wie er seine Umwelt wahrnimmt. Es spiegelt sich sozusagen sein Inneres im Außen wider. Vor allem in der Fotografie kann man sich dessen bewusst werden. Persönliche Wahrnehmungen und Empfindungen, das Vertrauen in sich und sein Umfeld sowie die Konsistenz seines inneren Gleichgewichts sind ausschlaggebende Faktoren für Kreativität, die, neben allen anderen Kunstformen, auch in der Fotografie ihren Ausdruck findet.
Fotografie kann nicht nur das Foto alleine sein. Es ist wichtig zu verstehen, dass bei allem was man gerne tut, und damit meine ich nicht nur die Fotografie alleine, das TUN das Wichtige ist, denn dies ist die Voraussetzung dafür, dass etwas gut werden kann. Wir müssen uns also bei der Frage, was Fotografie denn eigentlich ist, etwas nach hinten bewegen und sozusagen das gesamte Bild betrachten. Wie entsteht Fotografie, was löst sie aus und was bewirkt sie? Fast überall ist ein Focus auf das Foto zu erkennen. In Print, Web und Social-Media ist das Bild der wichtige Träger, der die Menschen in positiver wie auch negativer Form berührt – oder manchmal auch kein Interessiert bewirkt, weil das Bild nicht zum Denken des Betrachters passt. Das funktioniert auch dann, wenn der Betrachter nicht fotografiert. Aber warum lösen Fotos bei Menschen ohne fotografischen Interesse Emotionen aus? Weil sie dahinter eine verborgene, nicht immer offensichtliche aber trotzdem spürbare Geschichte erkennen. Diese Geschichte wird auch vom Betrachter meist unbewusst wahrgenommen. Also ist das Foto der Träger einer Geschichte (einer Energie als Emotion), die Menschen wahrnehmen können. Ob schön oder hässlich, grau oder bunt, anziehend oder abstoßend. Egal, das Foto löst etwas in uns aus und regt unsere Gedanken an.
Also steckt in einem Foto sehr viel „Energie“, die transportiert wird. Energie, die oftmals sogar vom Fotografen „erspürt“ wurde und der Auslöser war, unbedingt diesen einen Shot machen zu wollte. Oder aber es war eine „unplanbare“ Energie, ein Überraschungsmoment, sozusagen die Manifestation des weitverbreiteten Standardsatzes „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ oder „im richtigen Moment ausgelöst„! Aber auch hier ist die „Überraschung“ als Energie bzw. Emotion zu erkennen. Nun ist es doch so, dass Menschen, die z.B. ein Buch lesen, Musik hören oder einen grandiosen Wein trinken, dies meist nicht nur tun, weil es alle tun, sondern eben genau deshalb tun, weil es ihnen gut tut, weil sie davon fasziniert sind, weil es schmeckt, gut riecht, gut klingt und weil in der Person selbst, wie beim Lesen, Geschichten entstehen. Es ist also kurz gesagt, die positive Erfahrung, das gute Gefühl, die brennende Begeisterung, die den Menschen dazu bewegt etwas Außergewöhnliches und Besonderes zu tun bzw. zu erschaffen.
Die unterschiedlichen Genres der Fotografie bieten dem Fotografen eine emotionale Vielfalt, die alle Bereiche des Lebens umfasst. D.h., es gibt Fotografen, welche die Besonderheit von Menschen und ihrem Wesen interessieren, die ihre Liebe in Autos oder Zügen sehen, die fasziniert sind von der Welt der Kulinarik, die Wissenschaft und Fotografie verbinden und natürlich auch Anderes mehr. Der Fotograf kann daneben auch fasziniert sein von der anzuwendenden Technik oder dem Spiel des Lichtes. Aber alles in allem ist es nicht das Foto allein, dass so Einzigartig ist. Nein, es ist alles das was vor dem Foto und nach dem Foto passiert. Das Foto ist nur das Endprodukt. Fotografie ist eine Wahrnehmungsübung, die mit dem gesamten Körper gelebt wird. Sie lässt den Fotografen nicht nur sehen sondern vor allem auch fühlen. Geruch, Temperatur, Oberflächenbeschaffenheit, Farben, Geräusche, Schärfe/Unschärfe, Licht. All das sind Dinge, die auf den Fotografen einwirken und ihn zu einem Motiv bewegen. Oftmals ohne sich dafür anstrengen zu müssen. Es passiert einfach, aus der Hingabe an den Augenblick. Zur Entstehung eines Fotos gehört auch innere Stille, Warten, Annehmen und natürlich auch Präsenz. Und Präsenz ist eine Manifestation von Gegenwärtigkeit. Wir fotografieren ja das JETZT. Und wir leben auch im JETZT. Das ist es, was ein Fotograf erkennen muss.
Fotografie ist eine unbewusst erlebbare Form von Bewusstheit, denn wenn Gedanken und Gefühle in diesem Moment auf das Fokussiert sind, was gerade ist, dann ist der Fotograf unweigerlich im Jetzt. Ein Zustand, der eigenartigerweise bei jeder Mediation angestrebt wird. Nur, dass diese in der Fotografie ohne Anstrengung passiert. Fotografie ist die Verbindung von Technik und Mensch-Sein, von Natur und Kultur, von Anspannung und Entspannung, von Gestaltung und Spiritualität, von Körper, Geist und Seele. Die positive Energie des Erlebens und die Faszination, die dadurch ohne Zwang entsteht, lässt einem selbst das Leben spüren, lässt den Fotografen innerlich frei sein.
Fotografie bewirkt die unerzwungene Präsenz des Fotografen.
Vor allem in der Landschaftsfotografie – aber natürlich auch in allen anderen Genres der Fotografie – kann sich die Frage, was Fotografie ist, als sehr sinnvoll und fruchtbar für die eigene Klarheit erweisen. Die Schönheit der Natur hat sehr viel mit Poesie und Spiritualität zu tun. Und Spiritualität, anders ausgedrückt als Geistigkeit, ist ein wesentlicher Faktor dafür, wie wir denken und was das denken mit uns selbst macht! Wer gerne in die Natur geht, tut dies nicht grundlos. Egal ob Fotograf oder nicht. Wer gerne in der Natur fotografiert, ist nicht nur auf der Suche nach einem Motiv und der Entstehung eines Fotos. Die Person sucht unbewusst nach Ausgeglichenheit, Gleichgewicht, Anerkennung. Sie sucht nach sich selbst, nach ihrem eigenen Leben. Nach etwas, dass sie ausfüllt und erfüllt. Anders ausgedrückt, nach Sinn und Emotion. Fotografie ist eine zwanglose Methode, um mit sich selbst im Reinen zu sein, auch wenn es körperlich anstrengend sein kann. (Landschafts-)Fotografie schult den Geist dorthin zu schauen, woher wir kommen und was gerade jetzt ist. Wir blicken sozusagen in die Natur, auch in unsere eigene. Eine interdisziplinäre Betrachtung der Fotografie mit anderen kreativen Disziplinen, wie der Architektur, der Literatur, der Spiritualität oder der Musik, kann das Verständnis für das Mensch-Sein enorm erweitern. Fotografie ist daher eine Wahrnehmungs-, Bewusstseins- bzw. Achtsamkeitsübung, die als meditative Anwendung praktiziert werden kann.s
Dr. Günter Zöhrer
Und nun noch ein paar Zitate von mir selbst, die mir wichtig sind. Was ist Fotografie oder vielmehr für jeden fotobegeisterten (und naturbegeisterten) Menschen sein kann.
Dr. Günter Zöhrer
Dr. Günter Zöhrer
Dr. Günter Zöhrer
Dr. Günter Zöhrer