Hingabe, eine sehr lebendige und emotionale Form, etwas zu tun bzw. zu erleben. Hingabe ist lebensbejahend und beruhigt das menschliche Wesen dahingehend, zu 100% auf das fokussiert zu sein was gerade ist.
Wie passt ein solches, menschliches Thema überhaupt mit der Fotografie zusammen? Wie kann Hingabe in der Fotografie geschehen und überhaupt, was ist Hingabe genau? Fragen über ein Was oder ein Wie stellen sich meist dann, wenn man besondere Dinge erreichen oder erschaffen möchte, aber nicht bereit ist, sich selbst dafür zu öffnen. Deshalb weiß man erst was Hingabe ist, wenn man in diesem Flow agiert. Hingabe ist ein allgemein gültiges Prinzip, das sich auf diesem Planeten überall dort zeigt, wo Leben existiert. Hingabe bedeutet nicht „hinnehmen“. Hingabe geschieht in aller Stille, nur für dich und ohne, dass es jemand anderer sehen muss. Aber andere werden diese Hingabe an dir erkennen. Durch dein Wirken!
Karl Emil Franzos
Das Prinzip der Hingabe basiert auf dem Ansatz, einer tiefen Annahme dessen, was gerade in diesem Moment ist. Es geht um das was jetzt gerade geschieht, auch wenn es ganz banal ist. Es ist ein Tun, dass nur dann passiert, wenn man selbst nicht „in der Zeit denkt“ (nach Tolle) sondern sich voll und ganz auf das Jetzt konzentriert.
Hingabe ist eine Gegenwärtigkeitsübung, die einem selbst die gesamte Schönheit der Schöpfung erfahren lässt. Sowohl das was gerade ist, als auch das Tun, das gerade geschieht. Beide Aspekte ergänzen sich. Die ausübende Person wird dadurch präsent und wenn sie präsent ist, dann ist sie bereit große Dinge zu vollbringen. Wo geht das besser als im Angesicht der wunderbaren Natur dieser Erde? Es ist der Ort, wo wirklich Leben ist.
Kinder führen uns Hingabe permanent vor, ohne dass wir sie darum bitten und auch ohne dass sie es uns zeigen müssen. Kinder sind so sehr vertieft in Dinge wie Spielen, Entdecken und Lachen, dass sie uns selbst damit ganz tief berühren. Es ist Gegenwärtigkeit, die in solchen Momenten geschieht. Kinder haben den Blick nach Innen gerichtet da sie sich selbst uneingeschränkt spüren können. Sie leben damit ihr unbewusstes Sein und sind so vor vielen Problemen geschützt.
Erwachsene sind durch verschiedenste Dinge abgelenkt und gehetzt oder auch durch familiäre bzw. kollektive Vorgaben sowie traumatische Erfahrungen geprägt worden. Sie leben in der Enge von Stress und Angst und sind mit ihren Gedanken oft in der Vergangenheit – was war und was mich so geprägt hat – und bestimmen dadurch was in Zukunft sein wird, ebenfalls durch das Denken. Es entstehen ohne Unterbrechung Geschichten im Kopf, die das eigene Sein, die Gegenwärtigkeit, überlagern und ausschalten. Sie können sich so nicht einer Sache hingeben.
Eckhard Tolle
Nun, wie können Erwachsene überhaupt Hingabe praktizieren? Es scheint, als ob die Gedanken im Alltag alles blockieren würde. Aber natürlich funktioniert es! Um wieder „Kind“ sein zu dürfen, müssen wir wieder Spielen! Nicht in der Sandkiste, aber vielleicht mit einer Kamera. Das funktioniert natürlich mit allen anderen Dingen auch. Das Tun löst uns von eingeprägten Verhaltensmustern, indem diese dadurch verändert werden. Und Hingabe an das Tun ist der dafür nötige Auslöser. Anders gesagt, wir müssen das was wir tun auch wirklich gerne tun. Dann erzeugt es eine Präsenz in uns, ein SEIN!
Wir müssen sozusagen „auf andere Gedanken kommen„. Das passiert aber nicht in dem Umfeld, in dem wir immer Leben und in dem wir mit diesen Problemen konfrontiert sind. Ein solcher Ort erzeugt nur immer wieder die selben Muster, die sich als Gedanken manifestieren. Und mit solchen Gedanken, die das eigentliche Problem ja erst verursachen, kann die Ursache nicht verändert werden.
Das Erkennen des Seins funktioniert am besten dort, wo wir uns wohlfühlen. Ein solcher Ort kann jener sein, aus dem wir alle entstammen. Der Natur, aber nur selten aus den künstlich geschaffenen, urbanen Lebensräumen einer Stadt. Die Natur zeigt uns wie Hingabe funktioniert. Wir sehen dies. Man kann die Hingabe förmlich spüren, sehen, riechen, hören und fühlen. Alles ist im Fluss, alles ist jetzt, alles tut das, was es gerade zu tun hat, ohne zu denken. Regen, Wachsen, Blühen, Fließen, Duften, Strömen …
Überall auf der Welt werden meditativen Methoden gelehrt und es gibt viele wissenschaftliche Beweise, dass wenn wir uns um uns selbst kümmern und wenn wir mit uns selbst richtig umgehen, dies positive Auswirkungen auf unser ganzen Wesen hat. Vom Immunsystem bis hin zu unserer Ausstrahlung.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Fotografie eine moderne Form einer Meditation ist, die keinen Einschränkungen unterworfen ist. Sie ist zeitlos. Sie verbindet die Natur mit dem Menschen durch eine kreative Handlung, die Technik, Sinn und Handwerk verbindet. Sie kann mit Hingabe getan werden und bei den meisten Fotografen geschieht dies auch.
Das ist auch einer der Gründe warum viele Menschen so gerne in die Natur gehen, egal ob sie fotografieren oder nicht. Weil es innerlich gut tut! Auch das Gehen in den Bergen hat einen meditativen Charakter. Dadurch entsteht in uns Hingabe an die Natur, an das Tun und an uns selbst. Denn wir sind auch Natur und Bewegung ist ein Teil davon.
Hingabe kann als ein stiller Dank an das was gerade ist verstanden werden. Und die Natur tut es auch permanent, indem sie uns ihre Schönheit zeigt. Wir können in diesen Momenten unsere Probleme und Sorgen an sie abgeben, eben weil diese natürliche Energie der Schönheit die Energie der Probleme verwandeln kann. In einem ohne Zwang funktionierenden, meditativen Prozess, der beim Fotografieren geschieht. Es schadet der Natur nicht, denn die Natur denkt nicht. Sie IST. Nur der Mensch denkt.
Auch die Hingabe an das eigene Kind, damit es ihm gut geht und es gesund bleibt, ist ein Beispiel, dass, wenn das Kind ein positives Ergebnis zeigt, die Eltern beruhigen und erfreuen lässt. Menschen können aber auch Hingabe für andere Dinge entwickeln, wie zum Beispiel für einen Beruf, einem anderen Hobby, Reisen, Lesen, Kochen, Wein usw. Für einen Menschen ist es nach meiner Erfahrung am besten wenn er Hingabe auch zu sich selbst praktiziert. Pflege, Ruhe, Rücksicht, Ehrlichkeit … Hingabe zu dem was er ist und wie er ist. Ohne zu beurteilen. Hingabe zu seinen Energien, seinem Aussehen, seiner Intelligenz und seinen Gaben. Annehmen ohne zu kritisieren und so das eigene Sein erleben.
Das ist es, was viele Menschen verloren haben und das ist es, was die Natur uns allen zurückgeben vermag. Hingabe! Die Fotografie kann Euch dabei unterstützen es wieder zu erfahren.
Dhū n-Nūn al-Misrī
All das bietet dir die Fotografie. Mögen wir also wieder Kinder sein, die mit dem Herzen die Natur entdecken und mit Hingabe durch die Kamera blicken. Die Natur, vor allem die der Berge, ermöglicht es uns, unser Herz zu öffnen, zu schauen, ohne zu bewerten und so das kraftraubende Denken abzuschalten. Bitte verstehen Sie mich hier nicht falsch. Mit kraftraubendem Denken meine ich das „falsche“ und „destruktive“ Denken. Der Geist gehört zum Leben dazu. Er ist ein unauslöschlicher Teil von uns. Körper (Materie), Geist (denken) und Seele (Energie) müssen harmonisch zusammenarbeiten, also auch „richtig“ und „lebensbejahend“ Denken. Es geht also um das WIE! Dies können wir im Angesicht der Natur lernen, indem wir uns bewegen, sehen, fühlen und verstehen. Basierend auf den von mir entwickelten 4 Fotozeiten Gehzeit | Ruhezeit | Kreativzeit | Emotionszeit.
Von der Natur selbst Hingabe lernen, und uns selbst der Natur hingeben, egal was gerade ist. Fühlen, wo wir sind und was wir sind. Einen tiefen inneren Dank an das richten, was uns gegenübersteht und uns selbst dafür danken, dass wir die Fähigkeiten haben, etwas so Schönes überhaupt erleben und fotografieren zu können. Das ist SEIN mit Hingabe.
Wir sind alle Meister, wir sind alle individuell, wie alles in der Natur. Es gibt kein einziges materielles Ding in diesem Universum, dass exakt einem anderen entspricht. Nur in der Welt der kleinsten Dinge können Teilchen miteinander verschränkt sein. Diese Welt, die formlose Welt (nach Tolle; im physikalischem Sinne die Welt der Quanten) ist das Prinzip anders als in der physisch greifbaren Welt und genau in dieser Welt entstehen unsere Energien als Gedanken und Informationen. Es ist unsere innere Welt, unser Sein in diesem Universum. Hingabe ist Liebe zum inneren Raum, liebe zum Anders-Sein. Deshalb kann auch kein Foto jemals gleich sein.
Beispiel-Event
zum Thema HINGABE:
St. Peter Ording . Schleswig-Holstein