Hingabe, eine sehr machtvolle und lebensbejahende Methode, um das Leben zu respektieren und sich selbst im Beisein der Natur zu erkennen. Hingabe als meditative Anwendung in der Fotografie, die den Menschen positiv beeinflusst und das Foto ohne Druck entstehen lässt.
Wie passt ein solches, menschliches Thema überhaupt mit der Fotografie zusammen? Wie kann man Hingabe in der Fotografie einsetzten und überhaupt, was ist Hingabe genau? Fragen über ein Was oder ein Wie stellen sich meist dann, wenn man besondere Dinge erleben oder schaffen möchte, aber nicht bereit ist, sich selbst dafür zu öffnen. Hingabe ist ein allgemein gültiges Prinzip, das sich auf diesem Planeten überall dort zeigt wo Leben existiert. Hingabe ist nicht etwas, dass mit Aufgeben oder mit so Sätzen wie „Ich mag das zwar nicht aber wenn es sein muss dann ist es halt so“ beschrieben werden kann. Hingabe geschieht in aller Stille, nur für dich und ohne, dass es jemand anderer sehen muss.
Karl Emil Franzos
Das Prinzip der Hingabe basiert auf dem Ansatz, einer tiefen Annahme dessen was gerade in diesem Moment ist. Dabei geht es nicht darum was für Probleme die Person hatte, oder was in 2 Stunden sein könnte. Es geht um das was jetzt gerade geschieht, auch wenn es ganz banal ist. Es ist ein Tun, dass nur dann passiert, wenn man selbst nicht in der Zeit denkt sondern sich voll und ganz auf das Jetzt konzentriert.
Hingabe ist eine Gegenwärtigkeitsübung, die einem selbst die gesamte Schönheit der Schöpfung erfahren lässt, auch seine eigene. Die Person wird dadurch präsent und wenn sie präsent ist, dann ist sie bereit große Dinge zu vollbringen. Wo geht das besser als im Angesicht der wunderbaren Natur dieser Erde? Es ist der Ort wo wirklich Leben ist.
Kinder führen uns Hingabe permanent vor ohne das wir sie darum bitten und auch ohne das sie es uns zeigen müssen. Kinder sind so sehr vertieft in Dinge wie Spielen, Entdecken und Lachen, dass sie uns selbst damit ganz tief berühren. Kinder haben den Blick nach Innen gerichtet. Sie leben ihr unbewusstes Sein und sind so vor vielen Problemen geschützt.
Erwachsene sind durch verschiedenste Dinge abgelenkt, gehetzt oder geprägt worden, durch familiäre bzw. kollektive Vorgaben sowie traumatische Erfahrungen. Sie leben in der Enge von Stress und Angst und sind mit ihren Gedanken immer in der Vergangenheit – was war und was mich so geprägt hat – und bestimmen dadurch was in Zukunft sein wird und vor allem wie es sein wird. Es entstehen ohne Unterbrechung Geschichten im Kopf, die das eigene Sein, die Gegenwärtigkeit, überlagern und ausschalten. Entweder sie leben immensen Reichtum, der in vielen Fällen zu noch mehr verlangen führt, oder aber sie sind durchdrungen von Sorgen, da sie nicht wissen wie sie die nächsten Wochen und Monate überleben können. Hier fehlt das Gleichgewicht!
Eckhard Tolle
Nun, wie können Erwachsene überhaupt Hingabe praktizieren? Es scheint, als ob hier alles blockieren würde. Natürlich funktioniert es! Um wieder „Kind“ sein zu dürfen müssen sie sich von ihren derzeitigen Verhaltensmustern lösen. Sie müssen sozusagen „auf andere Gedanken kommen„. Das passiert aber nicht in dem Umfeld, in denen sie immer Leben und in dem sie mit diesen Problemen konfrontiert sind. Und auch mit Gedanken, die das eigentliche Problem erst verursache, kann die Ursache nicht verändert werde.
Das Erkennen des Seins funktioniert am besten dort von wo wir alle stammen. Aus der Natur und nicht aus den künstlich geschaffenen Lebensräumen der Stadt. Die Natur zeigt uns wie Hingabe funktioniert. Man kann sie spüren, sehen, riechen, hören und fühlen. Überall auf der Welt werden die meditativen Methoden gelehrt und es gibt viele wissenschaftliche Beweise, dass wenn wir uns um uns selbst kümmern und wenn wir mit uns selbst gut umgehen, dies positive Auswirkungen auf unser ganzen Wesen hat. Im Inneren sowie im Äußeren.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Fotografie eine moderne Form von Meditation ist, die keinen Einschränkungen unterworfen ist. Sie verbindet Natur, Technik und Mensch-Sein. Das ist auch der Grund warum viele so gerne in den Bergen sind, weil uns das innerlich gut tut! Auch das Gehen in den Bergen hat meditativen Charakter. Dadurch entsteht in uns Hingabe, an die Natur, an das Tun und an uns selbst. Hingabe kann als ein stiller Dank an das was gerade ist verstanden werden. Und die Natur tut es auch indem sie uns ihre Schönheit zeigt, wir in diesen Momenten unsere Probleme und Sorgen, also die negativen inneren Energien, an sie abgeben dürfen. In einem ohne Zwang herzustellenden, meditativen Prozess, der beim Fotografieren geschieht. Es schadet ihr nicht. Die Natur denkt nicht. Nur der Mensch tut es.
Auch die Hingabe an das eigene Kind, damit es ihm gut geht und damit es gesund bleibt, ist eine Beispiel, dass, wenn das Kind ein positives Ergebnis zeigt, die Eltern beruhigen und erfreuen lässt. Menschen können aber auch Hingabe für andere Dinge entwickeln, wie zum Beispiel für einen Beruf, einem anderen Hobby, Reisen, Lesen, Kochen, Wein usw. Für einen Menschen ist es nach meiner Erfahrung am besten wenn er Hingabe vor allem zu sich selbst praktiziert. Hingabe zu dem was er ist und wie er ist. Ohne zu beurteilen. Hingabe zu seiner Energie, seinem Aussehen, seiner Intelligenz und seinen Gaben. Annehmen ohne zu kritisieren und das eigene Sein erleben.
Das ist es was die westliche Welt in vielen Fällen verloren hat und das ist es was die Natur uns allen zurückgeben vermag. Die Fotografie unterstützt Euch dabei und ist sozusagen das Bindeglied zwischen Euch und der Natur, dem Inneren und dem Äußeren.
Dhū n-Nūn al-Misrī
All das bietet die Fotografie. Mögen wir wieder Kinder sein, die mit dem Herzen die Natur betrachten und mit Hingabe durch die Kamera blicken. Die Natur der Berge ermöglicht es uns, unser Herz zu öffnen, schauen, ohne zu bewerten und so das kraftraubende Denken abzuschalten. Bitte verstehen Sie mich hier nicht falsch. Mit kraftraubendem Denken meine ich das „falsche“ und „destruktive“ Denken. Der Geist gehört zum Leben dazu. Es ist wichtig. Körper (Materie), Geist (denken) und Seele (Energie) müssen harmonisch zusammenarbeiten, also auch „richtig“ und „lebensbejahend“ Denken. Das können wir im Angesicht der Natur lernen, indem wir uns Bewegen, Sehen, Fühlen und Verstehen. Basierend auf den vier von mir entwickelten Fotozeiten Gehzeit | Ruhezeit | Kreativzeit | Emotionszeit.
Von der Natur selbst Hingabe lernen, und uns selbst der Natur hingeben, egal was gerade ist. Fühlen wo wir sind und was wir sind. Einen tiefen inneren Dank an das richten was uns gegenübersteht und uns selbst dafür danken, dass wir sind, dass wir die Fähigkeiten haben, etwas so schönes überhaupt erleben und fotografieren zu können.
Wir sind alle Meister, wir sind alle individuell, wie alles in der Natur. Es gibt kein einziges materielles Ding in diesem Universum, dass exakt einem anderen entspricht. In der formlosen Welt (nach Tolle; im physikalischem Sinne die Welt der Quanten) ist das Prinzip anders als in der physisch greifbaren Welt und genau in dieser Welt entstehen unsere Energien und unsere Informationen. Es ist unsere innere Welt, unser Sein in diesem Universum. Hingabe ist Liebe zum inneren Raum, liebe zum Anderssein. Deshalb ist auch kein Foto jemals gleich.