Dr. Günter Zöhrer
Um besondere Erlebnisse in der Natur in ein Foto umzusetzen, gilt es besondere Orte aufzusuchen. Damit meine ich keine Orte, die laut oder mit Menschen überfüllt sind – wie z.B. den aus Social-Media-Kanälen bekannten, überlaufenen Fotospots, die jeder sehen muss, um das eine besondere Foto zu machen. Dies entspricht einem Abhaken einer Liste, wobei das eine Foto ganz schnell in Vergessenheit geraten wird. Eben wie es aus Social-Media bekannt ist.
Ich meine Orte, wo du ganz für dich sein kannst. Allein, ohne Gedränge und ohne den Zwang, unbedingt das selbe Foto wie alle anderen zu machen. Und vor allem, wo das eine, unplanbare und emotional besondere Erlebnis erfahren kannst. Das ist es, was dem/n Foto/s den großen Wert gibt. Für DICH!
Meine große Liebe für die Natur – und hier vor allem für die der Berge – lässt mich immer an einen einfach zu erreichenden Ort wandern. Natürlich kann es auch ein beliebiger Ort auf dieser Welt sein. Wichtig ist nur, dass dieser Ort in der Natur ist, das es größtmöglich still ist und dass Du dort auch für Dich alleine sein kannst.
Um voller Hingabe zu fotografieren benötigst du etwas Wichtiges, das für unerfahrene Menschen erst zu entstehen vermag. Es ist ein Verlangen, dass alle Bergsteiger und Naturliebhaber empfinden, selbst wenn Sie nicht fotografieren. Es ist das Verlangen nach Ausgeglichenheit, nach einem Gefühl von Leichtigkeit und nach dem Wunsch für sich selbst etwas besonderes zu erleben. Dies erschafft Erinnerungen und erlaubt Dir Kraft aus dem zu schöpfen, was du gerade tust. Anders ausgedrückt, es ist das Verlangen nach Gesundheit, nach körperlicher und mentaler Gesundheit.
Um dieses Verlangen zu befriedigen, kombiniere ich die Landschaftsfotografie mit wichtigen menschlichen Aspekten. Daraus entstand die in der Fotografie umsetzbare Methode der vier Fotozeiten. Ein Weg, Technik, Kreativität und Mensch-Sein zu verbinden und so neben besonderen Fotos auch körperliche Fitness und mentale Entspannung zu erreichen.
Die Gehzeit, die Ruhezeit, die Kreativzeit und die Emotionszeit.
Basierend auf den einfachen menschlichen Grundsätzen von
bewegen, ruhen, gestalten und fühlen.
Die Gehzeit ist der erste Schritt hin zu einer bewussten Fotografie. Es ist damit aber nicht alleine nur das Gehen gemeint. Die Gehzeit beginnt schon zu Hause im Alltag! Egal, was du in der Natur unternehmen möchtest, du musst dich vorher ein bisschen darauf vorbereiten. Vor allem in den Bergen ist ein wenig Planung für ein entspanntes Shooting nötig. An welchen Ort willst du gehen? Wie ist der Weg dort hin und wie lange dauert die Wanderung? Wie wird das Wetter werden? Wann geht die Sonne auf oder unter? Wo geht die Sonne auf und unter? Wann und wo geht der Mond auf und unter? Sind die Sterne gut sichtbar und wo ist die Milchstraße zu sehen? Neben weiteren Dingen gilt es noch dein Fotoequipment vorzubereiten. Egal ob es ein einfaches oder teures ist.
Planungen sind Aspekte, die ein Fotograf, und damit meine ich keinesfalls nur Profis, gerne tut, denn sie erlauben bereits eine erste Vorfreude auf das Erlebnis, auf das was kommt. Und genau diese Vorfreude ist wichtig für jedes (Foto-)Vorhaben.
Bewegung, Sport und Spiel sind wichtig. Wandern und Fotografieren entsprechen diesen Aspekten. Wichtig für den Menschen, um ins Gleichgewicht zu kommen, um die Gesundheit zu unterstützen und Gesund zu bleiben aber auch Gesund zu werden. Geistig und Körperlich. Ich nenne es auch Cameratrekking. Das oben genannte Verlangen kannst du mit Hilfe der Fotografie ausleben. Du bewegst dich an einen besonderen Ort in der Natur. Somit bewegst Du gleichermaßen Deinen Köper sowie auch Deinen Geist. Du suchst den optimalen Ort, beobachtest die Natur, siehst Licht und Schatten, bist umgeben von Farben, spürst die Temperatur, fühlst den Wind und hörst die natürlichen Geräusche um Dich herum. Und Du spürst durch die Anstrengung beim Gehen auch deinen Körper. Du Atmest die reine Luft und du riechst die Natur. All das bewirkt etwas besonderes in Deinem Wesen. Du beginnst Gegenwärtigkeit zu entwickeln. Anders ausgedrückt, du spürst (dein) das Leben.
Durch das Erwandern deines Motivs machst du das, wozu dein Köper erschaffen ist und was er auch tun muss. Sich zu bewegen. Du bewegst aber nicht nur deine Beine oder Deine Arme. Du bewegst dein gesamtes Wesen. Durch den Kontakt zur Natur beginnst du unbewusst und leise hinzuhören, zu riechen, zu sehen und zu fühlen. Du spürst etwas besonderes, etwas was dir ungemein gut tut. Du machst dir aber auch keine Gedanken darüber, warum das so ist. Aber du kannst es fühlen. Oft ist es wichtig beim Gehen still zu sein und deine Aufmerksamkeit nur auf das Gefühl zu richten. Es ist wie eine Meditation. Deine Gedanken nehmen die klare Luft, das Rauschen des Baches und der Bäume, den Duft des Holzes und den blauen Himmel wahr. Durch die Bewegung beginnt dein ganzer Köper zu arbeiten, wie ein Motor, den man nur schwer in Gang kriegt, der aber, wenn er mal läuft, unbeirrt in Bewegung bleibt. Im Außen sowie im Inneren. Durch die Bewegung beginnst du auch Dinge in dir zu verbrennen. Und damit meine ich nicht vorwiegend Kalorien oder Fettzellen. Ich meine das Verbrennen von Gedanken. Gedanken an alle möglichen Dinge, die sich ständig, wie der Ton eines aufdringlichen Lautsprechers, durch deinen Kopf bewegen. Gedanken die dir Tag für Tag Energie rauben, du sie aber als normal ansiehst, weil du nichts anderes kennst. Es wird in der Gehzeit jene Energie verbrannt, die dafür verantwortlich ist, das wir uns unwohl fühlen. Eben weil der Körper seine Energie anderwertig verwenden muss. Der entstandene Kontakt zur Natur während der Gehzeit macht dies Möglich und erlaubt es diese negative Energie, die in Form von Gedanken zu Tage treten, abzugeben, einfach loszulassen oder besser gesagt „abzuwandern„, ohne darüber nachzudenken, wie das funktionieren soll.
Wir richten unsere Gedanken, ohne, dass wir es wollen, auf das, was uns umgibt. Durch Bewegung von Köper und Geist. Es ist währenddessen fast so, wie wenn wir überschüssige Energie abgeben, wie eine sanfte Entladung einer aufgestauten inneren Kraft. Es ist eine Befreiung von negativer Energie aus allen Zellen deines Köpers. Aber dadurch wird man innerlich nicht leer. Dadurch wird nur eine andere Energieform wiederhergestellt, eine positive Energie, die von alltäglichen Dingen überlagert war. Eine Energie, die uns Kraft gibt, ohne, dass wir gedanklich daran festhalten oder darum kämpfen müssen. Eine positive Energie, wie wir sie eigentlich immer schon hatten, die immer schon da war, aber nur durch die Lautstärke unserer Gedanken verdeckt wurde. Und es ist jedes Mal erstaunlich dies zu erfahren. Ein solches Erlebnis fühlt sich so normal an und tut so gut, als ob wir genau wüssten was wir benötigen. Es ist, als ob wir unseren inneren Widerstand losgelassen hätten!
Es mag für einen Technik-Freak unverständlich sein, Fotografie aus dieser Perspektive zu betrachten, denn die ganze Foto-Branche ist auf die Technik und das Foto allein ausgerichtet. Einerseits ist es auch nicht möglich, Fotografie ohne Technik durchzuführen. Andererseits ist es aus meiner Sicht auch unverständlich, warum man dem Kunden nicht auch mehr von „Gefühl“ der Fotografie vermittelt. Das Gefühl des Erlebnisses von Mensch, Natur und Technik.
Daher ist es wichtig zu verstehen, dass bei der Anwendung der 4 Fotozeiten, der Fototechnik nur ein wichtiger Aspekt hinzugefügt wird. Eben der Mensch selbst, denn der Mensch wählt das Motiv, ist zufrieden oder enttäuscht, bedient die Kamera und hat überhaupt erst den Willen in sich zu fotografieren oder eben nicht. Darin steckt so viel Wahrheit, denn dieser Anteil ist nicht nur in der Fotografie gültig sondern überall im Leben. Es geht darum „WIE“ wir etwas Tun. Und speziell in der Fotografie ist es wichtig wirklich zu verstehen, was man Fotografiert.
Für mich ist die Gehzeit ein wichtiger Teil des „Fotografierens mit dem ganzen Körper„. Denn zuerst müssen unsere Gedanken zur Ruhe kommen, um frei für das Erkennen und das Fotografieren zu sein.
Durch die Gehzeit, das Erwandern des Motivs, beziehungsweise der Kontaktaufnahme mit der Natur, wird den lauten und unkontrollierten Gedanken, (nach Eckhart Tolle dem “Denker” in uns) Energie abgezogen. Diese Energie, die andauernd als beurteilende Stimme, meist als permanent kategorisierender Widerstand durch unseren Kopf wandert, verstummt. Unser Wesen richtet sich bewusst auf die Natur, auf das was uns gerade umgibt, aus. Die Gehzeit ermöglicht uns sozusagen aus der Zeit zu treten. Wir werden Zeitlos und denken nicht in Vergangenheit und Zukunft. Denn, genau das zeitliche Denken ist es, was uns im Leben immer wieder so unglücklich machen kann. Wir sind dadurch nicht im Jetzt. Die Natur ist es aber immer. Sie kennt nichts anderes. Sie denkt nicht.
Bewege dich. Richte Deine Gedanken auf das Jetzt, das dich umgibt. Das ist das wahre spürbare Leben. Das ist es, was uns innere Lasten von der Schulter nehmen kann. Erfreue dich an dem was ist. Spüre deinen Körper. Dadurch erfährst du innere Ruhe. Denn alle Kraft kommt von innen! Und genau deshalb schauen wir gemeinsam bewusst auf unsere Gefühle während wir durch die Natur gehen. Das ist die Übung des Loslassens und die Vorbereitung zur Hingabe an dem was ist.
Nutze daher die Bewegung innerhalb der Gehzeit aus, um innerlich für den nächsten Teil der vier Fotozeiten bereit zu sein, die Ruhezeit.